Zweiter Teil der PilzCoach-Ausbildung in NRW – 10.-11. September 2022

Am Wochenende sind wir mit den angehenden PilzCoach an der Biologischen Station Kreis Recklinghausen zum zweiten Mal auf Pilzpirsch gegangen. Der ausgiebige Regen am Freitag und auch am Samstag kam leider für die meisten Arten nicht mehr früh genug.

Nach einer inspirierenden Diskussionsrunde, bei dem auch einmal zu Themen wie dem Buch über Wölfe von Farley Mowat abgeschweift werden darf ging es in den Wald. Dort haben wir den am Tag vorher entdeckten Schwefelporling (Laetiporus sulphureus) angeschaut, geerntet, mit dem Stereomikroskop bestaunt, gekocht, gebraten und verköstigt. Eine wirklich schmackhafte Angelegenheit!

Wir haben auch die Ackerlinge und Egerlingsschirmlinge auf dem Holzschnitzelhaufen weiter beobachtet und fotografiert. Eine Liste der Funde gibt es beim Naturgucker. Auch die Pilznamen sind immer wieder beeindruckend. Sie geben auch Inspiration für eigene Kreationen und wir fänden es viel treffender, wenn der Halsband-Schwindling (Marasmius rotula) auf den Namen Gugelhupf-Schwindling hören würde. Auch Orakelpilze haben wir entdeckt. Das haben die Menschen früher zumindest den Teuerlingen nachgesagt. Wenn sich die „Deckel“ der topfförmigen Pilze öffnen, geben sie die wie Geldstücke aussehenden Sporenpakete im Innern frei. Bei Feuchtigkeit gibt es viele dieser winzigen Pilzchen mit vielen Sporenpaketen – das konnte nur auf eine schlechte Ernte und teure Preise hindeuten. In Schweden werden sie übrigens „Brotkorbpilze“ genannt. In dem „Körbchen“ liegen die „Brötchen“ – kleine, linsenförmige Sporenpakete, die nicht stäuben und vom Regen als Ganzes herausgeschleudert werden. Sie werden auch von Vögeln verspeist, die sie für Samen halten. Die Sporen überstehen die Darmpassage unbeschadet und werden so verbreitet. Der Gestreifte Teuerling (Cyathus striatus) gedeiht auf Holzresten oder am Boden liegenden Zweigen verschiedener Baumarten. Er ist an der gestreiften Innenseite der Fruchtkörper zu erkennen.

Speisepilze wie Maronen, Hexenröhrlinge und Steinpilze konnten wir leider nur theoretisch besprechen. Sie stehen, wie viele weitere Arten, die ein PilzCoach im Rahmen seiner Tätigkeit mit Gruppen zubereiten darf, auf der Positivliste der DGfM. Wichtig ist bei der Zubereitung auch, dass die Pilze weder roh noch alt verzehrt werden. Um hier eine Hilfestellung zu bieten hat die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. Verbraucherschutztafeln heraus gegeben. Wir haben an einer alten Eiche eine Ochsenzunge entdeckt und ebenfalls zubereitet. Auch die mitgebrachte Pilzbutter kam wieder sehr gut an.

Am Samstag haben wir Seide, Wolle und die von Birgit mitgebrachte Husky-Wolle für das Färben am Sonntag in die Kaltbeize gelegt. Ein Rezept für die Herstellung der Kaltbeize gibt es bei Karin Tegeler. Am Sonntag haben wir dann die mitgebrachten Zimtfarbenen Weichporlinge und Kiefern-Braunporlinge zerkleinert und ausgekocht. Die Farbergebnisse waren beeindruckend! Den Kiefern-Braunporling haben wir auch schon als Modell mit Latexmilch nachgebildet. So stabil wie die Modelle von Thomas Müller sind sie in Gips nicht, aber es ist eine Möglichkeit, große Fruchtkörper als Modell abzuformen.

Die aus organischen Abfällen und Pilzmyzel geformten Muster sind gute Beispiele, wie unsere Welt in Zukunft nachhaltiger gestaltet werden kann. Das Unternehmen Ecovative ist eines der ersten, die mit dieser Pionierarbeit begonnen haben. Ihre Materialien werden auch zur Herstellung für eigene Formen und Produkte vertrieben. Inzwischen gibt es auch in Deutschland mehrere Initiativen, wie beispielsweise Vera Meyer. Auch auf Kaffeesatz lassen sich Pilze wie beispielsweise Austernseitlinge ziehen, wie PilzCoach-Ausbilder Wolfgang Friese bereits erfolgreich ausprobiert hat.

Birgit hat uns eine Faltanleitung für ein Minibuch gezeigt. Die Unterlagen zum Ausdrucken gibt es hier. Dort ist auch die Anleitung für einen Spielwürfel.

Sie hat uns auch Pilzpapiere aus Nordischem und Flachem Lackporling mitgebracht – und einen Hasen aus Kaninchenkot. Da Hasen und Kaninchen reine Pflanzenfresser sind, ist dies nicht so eine unappetitliche Angelegenheit, wie es sich anhört. Diese Säugetiere fressen auch immer einen Teil ihrer eigenen Exkremente, um ihre Darmflora mitsamt der Pilze darin gesund zu erhalten.

Am Sonntag haben wir dann bei einer abschließenden Exkursion noch ein paar Krause Glucken, einen Mäuseschwanz-Rübling auf einem Kiefernzapfen sowie Klebrige Hörnlinge („Zwergenfeuer“) finden können. Die Fundlisten von Samstag und Sonntag sind wieder beim Naturgucker eingestellt.

Wir freuen uns schon jetzt sehr auf den November, wenn wir uns für das Abschlusswochenende wiedersehen. Wer bis dahin noch mehr über Pilze erfahren möchte, dem sei die kostenlose Online-Schulung der NABU/Naturgucker-Akademie empfohlen, bei der wir eine Einführung in die Welt der Pilze erstellt haben. Auch bei den Regio-Rangern haben wir eine Schulung erstellt, die viele kreative, kulinarische und ökologische Anregungen gibt.

An Heike herzlichen Dank für die super Organisation!

Herzliche Grüße von Rita und Frank

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

Artikel: 69